Lieben, erziehen und loslassen

Wir haben es geschafft: Seit gut sechs Monaten ist unser Sohn in der Krippe. Sechs Monate voller neuer Erlebnisse. Sechs Monate voller neuer Kinder. Neuer Erzieherinnen. Neuer Momente. Neuer Selbstständigkeit. Für beide – Mama und Sohn.

Und klar, ich hatte nie Zweifel daran, dass es mal Probleme geben könnte.

Hatte eigentlich auch nie daran gezweifelt, dass es schwierig wird. Ich hatte ein wenig Bedenken wegen der Krankheiten. Kinderkrankheiten sind etwas Normales, aber bisher war mein Sohn erst einmal richtig krank und ich hatte schon so viel gehört. Ja ja, was man immer so hört: „Kaum bist Du eine Woche in der Krippe oder im Kindergarten, sind die Kleinen krank. Bekommen die merkwürdigsten Krankheiten. Diese Tageseinrichtungen sind wahre Bazillenschleuderstätten.“ Ja, man hört schon viel.

Heute möchte ich ein kleines Fazit ziehen. Getreu dem Motto: Lieben – Erziehen – Loslassen.

Kinder brauchen andere Kinder, um von ihnen zu lernen.

Für mich heisst lieben auch, dem eigenen Kind Kraft mitzugeben und oft ein Vorbild zu sein. Gemeinsam durch das Leben zu gehen und vor allem, jedem den eigenen Raum zu lassen. Für Mütter wahrlich die schwerste Aufgabe. Von Anfang an nicht zu sehr Glucke sein und auch nicht zu stark nachlässig zu sein. Eine feine Linie.

Die ersten sechs Monate in der Kinderkrippe haben mir jedoch auch bestätigt, dass ich richtig lag. Kinder brauchen Kinder. Kinder brauchen einander, um von einander zu Lernen. Kinder machen Dinge anders als Erwachsene. Erwachsende können einen Rahmen setzen, können aber nie die kindliche Leichtigkeit und den von mir so genannten Kinder-Algorithmus ersetzen.

Viele Mütter, die ich durch die Krippe kennengelernt habe, fragen mich:

„Und, findest du nicht, dass dein Sohn so viel mehr lernt, seitdem er in der Krippe ist?“

Mh, mal drüber nachdenken… Nein, überhaupt nicht. Ich denke, er entwickelt sich genauso weiter wie zuvor. Und ich denke, das ist auch der Unterschied. Ich sass nie zu Hause mit meinem Sohn, war nie stundenlang einfach nur mit ihm zu zweit. Vormittags haben wir gemeinsam viel Haushalt gemacht – das war, als er noch nicht mal sechs Monate war. Was? Dein Kind hat dir beim Wäschewaschen geholfen? Nein, aber er war eben im Wickeltuch und sowieso immer mit dabei.

Wir haben am Nachmittag täglich Freunde mit anderen Kindern zu Besuch gehabt. Ich war in Krabbelgruppen, in Rückbildungskursen und auch in Mama-Kind-Fit Kursen. Überall und immer war der Tag vor allem auch gemeinsam ausgerichtet. Ich war selten wirklich von morgens bis abends allein mit ihm.

Wieso auch? Er lechzt ja, wie jedes Kind übrigens, nach anderen Kindern.

Kinder machen Spass. Kinder sind überall.

Vor allem in unserer alten Wohnumgebung waren auf den Spielplätzen zu jeder Tageszeit andere Kinder und Mütter anzutreffen. Leider ist das hier nicht mehr so. Das war auch der Grund für mich, ihn in eine Krippe zu bringen. Denn er braucht doch Kinder. Wir Erwachsene können etwas besser mit dem Alleinsein umgehen.

Vor allem in den ersten Jahren saugen Kinder wie Schwämme alle Eindrücke in sich auf. Es gibt immer häufiger auch Momente, in denen mein Sohn mal ganz in Ruhe auf dem Sofa oder sonst wo sitzt und einfach entspannt und meiner Meinung nach konzentriert einer Aufgabe nachgeht.

Ich merke, dass die Kita gut für ihn ist.

Ja, es gibt sie auch. Diese Tage, an denen unser Junior einfach nicht in die Krippe will. Das ist doch völlig normal – manchmal wollen wir Erwachsene auch nicht arbeiten oder haben einfach keine Lust,  loszugehen. Ich versuche dann, einfach spielerisch aus der Wohnung zu kommen. Zum Glück habe ich auch keinen Stress, wann genau ich anfangen muss zu arbeiten. Denn als Freiberuflerin kann ich mir das selbst einteilen und muss einzig darauf achten, dass wir bis spätestens um 9 Uhr in der Krippe sind.

Und dennoch ist es vor allem eine tolle Sache, dass wir so schnell eine Krippe gefunden haben und unserem Sohn somit ermöglichen können, mit anderen Kindern zusammen zu sein. Abends wird dann immer noch erzählt (oder manchmal auch nur noch gebrabbelt), was alles Aufregendes in der Krippe passiert ist. Und an anderen Tagen ist es schon auf der Heimfahrt eine wahre Freude, wenn die Quasselstrippe hinten auf dem Fahrrad die besten Stories des Tages preisgibt.

Ein gutes und vor allem ein schönes Gefühl, dass wir genau richtig entschieden haben. Ich freue mich und wünsche allen Müttern und Vätern, die kurz davor stehen, ihr Kind in die Krippe oder die Kita zu bringen, viel Spass. Ja, es geht meiner Meinung immer um Spass. Das Leben an sich ist etwas Spannendes und sehr Aufregendes. Und jede Veränderung ist voller Neugier zu begrüssen.

Die wichtigste Entwicklung ist die gewonnene Selbstständigkeit.

Für mich wiedergewonnen, für meinen Sohn neu gewonnen. So vieles mehr kann er jetzt, vor allem im dritten Lebensjahr, für sich erobern und es bereitet uns allen eine grosse Freude: Als Mutter bleibt auch mehr Zeit für mich, meinen Blog und den Haushalt. Ja, ich bügle gerne. Ich putze auch gerne. Ich habe auch gerne mit Kind geputzt, aber alleine, kann ich meine Gedanken dabei mehr fliegen lassen.

Für unseren Sohn ist die Entwicklung im Kindergarten vor allem vorerst äusserlicher Art: der Kontakt mit anderen Kindern, langsam Freunde finden, in der Gruppe lernen, wie die Welt funktioniert und gemeinsam spielen und Neues erleben. Sekundärer Art kommen dann vor allem die neu gewonnen Fähigkeit des Teilens, der Wunsch, selbst entscheiden und auch mal für sich sein zu wollen, hinzu.

Warum ich die Fremdbetreuung empfehlen kann

Trennungsschmerz und grosse Wiedersehensfreude – sowas hatten wir nie in einem extrem ausgeprägten Mass. Und ich bin auch froh, dass es nicht so war. Ich verurteile jedoch niemanden, bei dem es so ist, denn das kann auch passieren. Dennoch glaube ich, dass die Einstellung der Mutter und des Vaters zum Thema Fremdbetreuung wichtig ist. Ein ehrliches, inneres Loslassen Können, ist nicht jedem gegeben und nicht jeder kann sich so leicht vom Kind lösen. Das ist auch gut so, denn das braucht dann diese Beziehung. Andere können leichter loslassen.

Ich war die ersten 18 Monate mit meinem Sohn zu Hause. Aber statt rumzuglucken und nichts zu tun, haben wir täglich Freunde getroffen, waren Vor- und Nachmittags auf dem Spielplatz. Doch irgendwann habe auch ich gemerkt, dass ich meinen Sohn nicht mehr richtig fördern kann.

Wie weit geht Förderung und wo beginnt Forderung?

Das ist schon eine wichtige Frage und da bin ich leider auch oft überfragt. Die Erzieherinnen haben eine pädagogische Ausbildung und wissen, wie man Kindern bestimme Dinge der Welt zeigen und erklären kann. Und ja, sie helfen den Kindern auch, sich in das Leben einzufügen. Gemeinsam leben ist für viele Einzelkinder zu Hause nicht möglich. In der Krippe sehen sie, dass es andere Kinder, andere Menschen und somit auch einen anderen Umgang miteinander gibt.

Für uns ist immer wieder das Wochenende eine schöne Familienzeit. Und irgendwie auch noch heiliger als vielleicht vorher, da wir dann alle zusammen sind, bevor am Montag wieder alle zur Arbeit gehen.



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