Familie zwischen Nähe und Distanz

 

In einer Familie kann auf so vielfältige Weise Nähe, aber eben auch Distanz geschaffen werden. Eine nicht ganz unwesentliche Rolle spielt hierbei auch geografische Nähe zwischen den Generationen. Ein Thema, das gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit, alljährlich wieder eine ganz besondere Bedeutung gewinnt, wenn es um die Planung für Heiligabend, dem Fest der Familie, geht….

 

Eine Frage der Entfernung

Die Wahrscheinlichkeit einer engen Bindung zwischen Grosseltern und Enkeln ist schlicht höher, wenn sie einander häufiger sehen und am Alltag des jeweils anderen teilhaben können. Es braucht einfach Gelegenheiten, miteinander verbindende Erfahrungen zu machen. Gerade Kinder wollen die Welt sehen, hören, schmecken und spüren. Damit auch Oma und Opa in dieser kindlichen Welt eine wichtige Rolle spielen, bedarf es gemeinsamer Erlebnisse, denn erst auf dieser Basis erfährt das Kind Verlässlichkeit und kann Vertrauen aufbauen.

Ohne Vertrauen geht’s nicht

Für Eltern ist es eine wahnsinnige Entlastung, wenn sie ein familiäres oder freundschaftliches Netz haben, in welchem auch die Kinder landen können, falls es mit der Betreuung mal eng wird, Notfallsituationen eintreten oder man schlicht auch einmal wieder Paarzeit erleben will. „Fremd“-Betreuung klappt aber nur, wenn nicht nur die Eltern den betreuenden Verwandten oder Freunden Vertrauen entgegenbringen, sondern ebenso die Kinder. Betreuung sollte eben kein Gefühl der Fremdheit beinhalten, sondern von Nähe, Sicherheit und Geborgenheit geprägt sein. Daher ist es auch nicht nur wichtig, dass wir den Betreuenden vertrauen. Noch viel wichtiger ist es, dass unsere Kinder Vertrauen fassen.

Mein Berliner Luxus

Mein Mann und ich sind beide gebürtige Berliner und unsere beiden Familien leben zu einem Grossteil ebenfalls in dieser Stadt. Wir sind beide hier zur Schule gegangen und haben uns im Studium kennengelernt. Unsere Freunde wohnen zumindest in Teilen noch immer hier und ich bin mir des Luxus‘ bewusst, den wir mit dieser Situation haben. Freunde und Verwandte leben in unmittelbarer Nähe und das ist längst nicht nur eine Frage potentieller Babysitter. Durch unseren Berliner Luxus von viel Nähe und wenig Distanz ist es uns möglich, nicht nur Eltern zu sein. Wir sind auch weiterhin Liebende, Freunde, Tochter und Sohn.

Für uns sind Grosseltern, Onkel und gute Freunde so viel mehr als nur Babysitter. Gerade Oma und Opa sind nicht nur für uns, sondern auch für unsere Tochter wichtige Bezugspersonen und als solche teilen sie Freude und spenden Trost, wollen Anteil am Alltag ihres Enkelkinds haben und auch die besonderen Momente miterleben. Sie können aktiv und regelmässig Zeit mit ihrer Enkelin verbringen. Die räumliche Nähe macht’s möglich. Blut mag verbinden, aber nur wenn diese Bindung auch gelebt wird, ist Verwandtschaft tragfähig. Wenn meine Tochter ihren Onkel sieht, feixt sie schon jetzt mit ihren nicht einmal 2 Jahren schelmisch herum und kichert – und mir wird dabei warm ums Herz.

Grosseltern als Entlastungsnetz

Wie in den meisten anderen Familien auch, waren die ersten Monate nach der Geburt unserer Tochter recht kräftezehrend. Wir mussten uns als Familie finden und ein „Anfängerbaby“ war unsere Kleine nicht gerade. Ihre geheime Superkraft war von Beginn an das Erreichen ungeahnter Tonhöhen. Diese haben nicht nur ihrem Vater einen dauerhaften Tinnitus eingebracht, sondern sind auch verbunden mit Schlafentzug der Grund dafür, dass ich recht schnell mit dem Bloggen angefangen habe…

Dennoch sind wir letztlich sehr gut durch diese erste Zeit gekommen und das lag auch daran, dass gerade die Grosseltern so nahe wohnen. Zudem waren auch wir Eltern von Anfang an dazu bereit, das Töchterlein – in guten Händen wissend – für einige Stunde abzugeben. Ja, nach einigen Monaten sogar mal über Nacht.

Diese kurzen Auszeiten, die wir von Anfang an genossen, gaben uns als Paar und als Eltern wahnsinnig viel Kraft für den sehr schönen, aber eben auch sehr anstrengenden Alltag. Als wir einmal alle gleichzeitig zu Hause krank darnieder lagen und das Töchterlein trotzdem spielen wollte, ich mich aber nicht einmal durch einen kompletten Raum ohne „Pause“ schleppen konnte, da war es der Opa, der für uns einkaufen ging und es war ein guter Freund, der vorbei kam, um mit der Püppi zu spielen.

Entfernung ist aber nicht alles

Ja, wir wohnen in derselben Stadt, aber Berlin ist gross und eine einfache Fahrt dauert etwa 45 Minuten – das fährt man auch nicht leichtfertig ständig hin und her. Das ist auch Zeit, die man haben muss. Nähe muss man auch wollen. Ich kenne Menschen, die wohnen in Spuckweite zu ihren Blutsverwandten und haben kaum Kontakt zu ihnen. Für die Kinder bleiben dann selbst Oma und Opa Fremde. Aber ich kenne auch Menschen, deren Verwandte hunderte Kilometer entfernt wohnen und die einander trotzdem so oft wie möglich sehen und sich über Smartphone, Email oder soziale Netzwerke permanent auf dem Laufenden halten. Nähe kann vielfältig hergestellt werden und sie ist wertvoll. Geografische Nähe macht aber definitiv so einiges leichter.
Wie schafft ihr euch Auszeiten als Paar oder überbrückt Betreuungsengpässe? Welche Rolle sollen und können eure Verwandten dabei spielen? Ich freue mich auf Eure Kommentare!

 



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