Jeder kann… Familie und Beruf gut miteinander verbinden!?

 

Wie schön wäre es, wenn man hinter diese Überschrift einfach nur ein Ausrufezeichen setzen könnte! Aber so einfach ist es leider nicht – immer noch nicht.

 

 

Es fängt schon bei der Familienplanung an.

Ich sehe es an meinen eigenen Kindern. Alle drei sind erwachsen, leben in einer glücklichen festen Beziehung und möchten Kinder haben. Aber der richtige Zeitpunkt ist noch nicht in Sicht. Bevor sie ein „Nest“ an einem festen Ort bauen und eine Familie gründen, wünschen sie sich eine klare berufliche Perspektive, die für beide passt, zeitlich und räumlich. Das ist kompliziert. Und wer schon Kinder hat, macht die Erfahrung: Es gibt immer noch Vorurteile und Ungerechtigkeiten.

 

Wenn eine junge Frau zwischen Mitte Zwanzig und Ende Dreißig eine Stelle sucht, wird sie gefragt, wie sie es sich mit der Familienplanung vorstellt, auch wenn das eigentlich nicht erlaubt ist. Viele Arbeitgeber wollen keine Frau einstellen, die irgendwann wegen Schwangerschaft und Elternzeit ausfällt. Das Angebot der Firma Apple, Frauen das Einfrieren von Eizellen zu finanzieren, damit sie in einem biologisch nicht vorgesehenen Alter oder noch besser überhaupt nicht schwanger werden, ist für mich nur eine gut getarnte Variante dieser Haltung. Einem Mann wird die Frage nach der Familienplanung nicht gestellt. Wenn doch, wird ihm ein Kinderwunsch sicherlich nicht zum Nachteil ausgelegt.

Kinderwunsch und Stellensuche

Das schlechte Gewissen der jungen Frauen fängt deshalb oft schon vor der Schwangerschaft an: Darf ich mir eine neue Stelle suchen mit der Absicht, demnächst schwanger zu werden? Ist das nicht unfair dem Arbeitgeber gegenüber? Muss ich beim Vorstellungsgespräch nicht ehrlich sein? Rechtlich ist es ganz klar: Es geht den Arbeitgeber nichts an. Die junge Frau darf lügen, sie muss es oft sogar, wenn sie die Stelle haben will: „Ich habe das mit meinem Partner besprochen. Der Beruf hat für mich Priorität“ – so etwa lautet die angemessene Antwort.

 

Es gibt professionelle Berater, die mit jungen Frauen üben, bei Vorstellungsgesprächen im Zusammenhang mit diesem Thema überzeugend zu lügen. Es ist traurig, dass so etwas nötig ist. Die Schlussfolgerung kann nur lauten: Machen Sie Ihren Kinderwunsch nicht von den Bedürfnissen Ihres jetzigen oder zukünftigen Arbeitgebers abhängig! Es ist schwierig genug, für Ihr Privatleben ein passendes Zeitfenster zu finden.

„Hausmütterchen“ – oder „karrierebesessene Rabenmutter“

Jede Familie und insbesondere jede junge Mutter muss sich entscheiden, wie es weiter gehen soll. Wollen Sie die Elternzeit so lange wie möglich ausdehnen? Wollen Sie vielleicht dann nach zwei oder drei Jahren ein zweites Kind bekommen, so dass eine sehr lange Auszeit vom Beruf entsteht? Wollen Sie eventuell ganz zu Hause bleiben, bis die Kinder „aus dem Gröbsten heraus“ sind?

 

Damit würden Sie riskieren, dass berufliche Aufstiegsmöglichkeiten schwierig werden und ein Wiedereinstieg nach langer Erziehungszeit nur weit unterhalb Ihrer Qualifikation möglich ist. Zusätzlich würden Sie die Erfahrung machen, dass die gesellschaftliche Anerkennung ausbleibt. Von Müttern wird heute verlangt, dass sie arbeiten und zum Familieneinkommen beitragen und sich um ihre Altersversorgung selbst kümmern und im Fall einer Trennung sofort für sich selbst sorgen können. Sie gelten als „selber Schuld“, wenn sie nach vielen Jahren Erziehungsarbeit plötzlich mittellos sind oder keine Rentenansprüche haben. Das ist sehr ungerecht.

Women still can‘t have it all!?

Gleichzeitig wird von den Müttern verlangt, dass sie immer für ihre Kinder da sind. „Warum schafft sie sich ein Kind an, wenn sie es schon nach ein paar Monaten von Fremden betreuen lässt?“ – „Die denkt ja nur an ihre eigene Karriere!“. Solche Vorwürfe gibt es auch. Das ist genauso unfair. Wer sich entscheidet, nach wenigen Monaten wieder voll zu arbeiten und das Kind tagsüber liebevoll von jemand anderem betreuen lässt, sollte das ohne schlechtes Gewissen tun können. Eine gute Balance zu finden, die dazu noch gesellschaftlich akzeptiert ist, ist ein echtes Kunststück. Deshalb fühlen sich auch so viele Familien, als würden sie ständig auf einem Hochseil balancieren. Aber letztendlich kriegen sie es hin. Und sie sind stolz und glücklich und können sich ein Leben ohne Kind gar nicht mehr vorstellen.

 

Wie auch immer Sie sich entscheiden, Sie werden es niemals jedem Recht machen können. Vorurteile werden Ihnen immer wieder begegnen. Sie müssen sich nicht rechtfertigen. Lassen Sie sich nicht in eine Schublade stecken. Sie haben ein Recht auf Ihr eigenes Lebensmodell. Stehen Sie dazu.

Wir brauchen eine familienfreundliche Gesellschaft

Was wir noch nicht haben, müssen wir einfordern. Das gilt für junge Frauen genauso wie für junge Männer, die Kinder haben oder sich Kinder wünschen.

 

– Versuchen Sie, familienfreundliche Arbeitszeiten einzufordern. Dazu gehören auch flexible Arbeitszeiten und Home-Office.

– Fordern Sie Öffnungszeiten für Kindertagesstätten ein, die eine volle Berufstätigkeit für beide Eltern wirklich ermöglichen.

 

Bis das erreicht ist, müssen Sie weiter jonglieren: Ob Kindertagesstätte, Großeltern, Tagesmutter, Babysitter– nehmen Sie alle Möglichkeiten in Anspruch, um die Herausforderung zu meistern und Familie und Beruf zu vereinbaren.

 

Was denken Sie darüber? Und welche Erfahrungen haben Sie persönlich gemacht? Ich freue mich auf Ihre Kommentare…

 

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