Eltern – NICHT beste Freunde

Im Wesentlichen hat sich am Prinzip des Kinder-Grossziehens seit Anbeginn der Menschheit nichts geändert: Kinder werden geboren, die Eltern versuchen, sie unbeschadet zu guten Erwachsenen heranzuziehen, die dann wiederum das Überleben der nächsten Generation sichern und ihren in die Jahre gekommenen Eltern ab und zu ein Päckchen mit Schokolade schicken.

 

 

 

 

Aber innerhalb dieses fixen Kreislaufs von Existenz, Überleben und Zeugung geht jede Generation die Dinge etwas unterschiedlich an als die vorherige. Die Regeln ändern sich. Erziehungsstile und akzeptierte Normen entwickeln sich. Schokolade gibt es jetzt auch in vegan, Computer werden intelligenter und wir werden müder.

So ist das eben…

Die Gesellschaft verändert sich und somit auch die Art und Weise, wie wir uns in unserem Zuhause und innerhalb der Familie verhalten. Eines der Dinge, die sich im Laufe der Zeit am meisten verändert hat, ist die Beziehung zwischen Eltern und ihren Kindern. In Bezug auf Familienhierarchien und die Frage, wer nun wo in der Hackordnung steht…

Im Mittelalter wurden die Kinder im Dunkeln gehalten. Sie mochten das natürlich nicht, aber es machte das Zubettgehen einfacher. Im viktorianischen Zeitalter sollten Kinder zwar gesehen, aber bitte nicht gehört werden. Und wenn Sie zu hören waren, wurden sie den Kamin rauf geschickt, oder von der zauberhaften Nanny grossgezogen. Dann wurden eines Tages die Kinder-Rechte erfunden und alles ging den Bach runter: Mittlerweile werden Kinder nicht nur gesehen, sondern auch gehört. Und gehört, und gehört und GEHÖRT…. Es geht sogar soweit, dass Kinder heute ihre eigene Meinung und eigene Gedanken haben dürfen. Es ist nicht zu fassen!

Ich mache nur Scherze

Natürlich ist diese Entwicklung zu begrüssen, insbesondere, dass Barrieren und Grenzen zwischen den Generationen schrumpfen. Nicht wirklich überraschend, kamen natürlich auch schlaue Psychologen schnell dahinter, dass eine glückliche Kindheit mit guter und enger Beziehung zu den Eltern für Kinder gar nicht mal so übel ist.

Eine gute und offene Beziehung zu unseren Kindern zu pflegen, ist das Beste, was wir für sie tun können. Ihnen zuzuhören, ihre Meinung gelten zu lassen, ihnen beizubringen, wie man debattieren und argumentieren kann, mit ihnen zu lachen und Momente grosser Nähe zu verbringen – all das gehört heute selbstverständlich und glücklicherweise zum Elternsein dazu. Aber: Gibt es nicht auch eine Grenze dieser Nähe und dieser gewünschten oder kreierten ‚Gleichheit‘? Einen Punkt, ab dem es für die Kinder – und auch für uns Eltern – eben nicht mehr gut ist? Können wir ZU nett zu unseren Kindern sein?

Es ist ein wachsender Trend zu beobachten

Wir werden alle mehr und mehr zu Kumpels unserer Kinder werden. Wir behandeln Sie wie Gleichaltrige, erzählen ihnen die Erlebnisse und Probleme unseres eigenen – erwachsenen – Privatlebens, interagieren mit ihnen in sozialen Netzwerken und behandeln sie allgemein so, als wären sie emotional und sozial mit uns auf einer Wellenlänge. Eben nicht wie Eltern – sondern beste Freunde.

Das ist ja auch alles sehr schön und vertraut. Und es fühlt sich natürlich gut an, mit seinen Kindern befreundet zu sein. Aber es gibt da eben ein potenzielles Problem: Kinder sind keine Erwachsene. Und ihre Eltern nicht ihre besten Freunde. Es muss irgendwo eine Grenze festgelegt werden, auf deren einen Seite wir, die Eltern, und auf der anderen sie, die Kinder, stehen.

Das soll nicht böse oder unnötig autoritär klingen

Es ist tatsächlich hilfreich für Kinder! Denn so sehr wir gerne alles mit ihnen teilen und sie an unserem Leben teilhaben lassen möchten – Kinder sind häufig entwicklungsbedingt einfach noch nicht in der Lage, alle Aspekte der Erwachsenenwelt zu verstehen und mit ihnen klarzukommen. Finanzielle Sorgen, Eheprobleme, Druck bei der Arbeit, Krankheiten innerhalb der Familie oder im Freundeskreis – all dies sind Dinge, mit denen Kinder möglicherweise nur schwer umgehen können, auch wenn wir sie gerne daran teilhaben lassen wollen.

Und dann gibt es da natürlich noch das Konzept der Grenzen, die nicht einfach überschritten werden dürfen. Und die Möglichkeit, auch mal NEIN zu sagen. Es ist wichtig für Kinder, dass ihre Eltern ihnen Grenzen setzen! Sie bilden einen verlässlichen Rahmen, in dem sie aufwachsen und ein Gefühl der Sicherheit erfahren. Das hilft ihnen dabei, zu verstehen, wie die Welt funktioniert.

Deswegen ist es hilfreich für Ihre Kinder, dass Sie die Eltern sind…

…und einen gewissen Abstand einhalten bzw. einen kleinen Unterschied zwischen Ihnen und Ihrem Kind machen – ohne dass Sie das zu kontrollsüchtigen oder kaltherzigen Menschen macht. Sie fühlen sich sicherer und behüteter, wenn sie wissen, dass es Erwachsene in ihrem Leben gibt, die mit all den Dingen umgehen können, mit denen sie noch zu kämpfen haben. Die auf sie Acht geben und sie beschützen. Wenn wir uns mit ihnen auf eine Stufe stellen, kann sie das verunsichern und darüber hinaus zu Konflikten bei der Erziehung führen – nämlich in dem Moment, in dem sie das Gefühl haben, mit einem Freund zu sprechen und nicht mit Mutter oder Vater.

Kinder hassen ihre Eltern nicht dafür, dass sie nachvollziehbare Grenzen setzen und an ihnen festhalten oder dafür, dass sie nicht alles mit ihnen teilen. Sie wissen, dass es eben auch zu Ihrer Rolle als Eltern gehört: Sich zu kümmern und sich mit Erwachsenen- und Eltern-Kram auseinanderzusetzten. Auf erwachsene Art und Weise.

 

Also: Kümmern Sie sich! Und versuchen nicht, die besten Freunde Ihrer Kinder zu sein. Seien Sie einfach gute Eltern. Dafür sind Sie da.

 



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