Ich spiele nicht gern mit meinem Sohn. Bin ich eine schlechte Mutter?

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Manche Eltern geniessen es, gemeinsam mit ihren Kindern Ritterburgen zu bauen oder ausgiebige Rollenspiele zu spielen und dabei komplett in kindliche Phantasiewelten abzutauchen. Ich finde: „Das kann mein Kind auch wunderbar ohne mich!“

 

„Die Quelle alles Guten liegt im Spiel“…

… sagte der Gründer von Deutschlands erstem Kindergarten Friedrich Wilhelm August Fröbel. Da hatte er damals sicher so recht wie heute. Nur: ohne mich! Jedenfalls, wenn es nicht um Karten- oder Brettspiele geht. Lego, Playmobil oder andere Figürchen-Spielereien sind nicht meins. Noch nie, schon als ich selbst noch ein Kind war. Ich kann mich einfach nicht gut in Rollen hineinversetzen, Räuber, Ritter, Pirat, Prinz oder Prinzessin mimen, vor allem, wenn die Protagonisten wenige Zentimeter gross sind und ein Dauergrinsen unter zackiger Frisur tragen.

 

„Und dann würde ich… und du hättest… buff… und dann musst du hierhin gehen. NEIN, Mama, nicht so….“ Ganz ehrlich: Spass geht anders! Ich finde es schlicht furchtbar langweilig – auf dem Fussboden hockend – kleine Spielzeugmännchen von A nach B zu schieben. Ich habe es versucht und bin in den Augen meines damals dreijährigen Sohns gnadenlos gescheitert.

Es liegt nicht an ihm.

Nicht, dass ich falsch verstanden werde und mir eine Bindungsstörung zu meinem Sohn untergeschoben wird. Es geht nur ums Spielen. Ich knuddele ihn ohne Unterlass, bis ihm die Flucht gelingt, lese vor und schaffe es dabei sogar, meine Augen länger aufzuhalten als er seine, ich koche und backe mit ihm, mache Ausflüge. Ich würde behaupten: Wir zwei bilden ein enges, gut funktionierendes Mutter-Kind-Gespann.

 

Nur mit seinen kleinen Spielfigürchen, die zu gefühlt Hunderten sein Zimmer bevölkern, muss er allein klar kommen. Oder mit seinen Kumpels, die, wohlweislich, ständig bei uns zu Besuch sind bzw. seinem Vater, der gefühlt nie aufgehört hat, damit zu spielen. Bislang hatte ich auch noch nicht das Gefühl, ihm in dieser Hinsicht als Gegenüber zu fehlen. Die wenigen Versuche endeten mit Belehrungen seinerseits, wie ich welche Figur zu führen hätte, dass ich sowieso schon verloren habe oder gar verstorben sei. Dabei hatte ich zu keinem Zeitpunkt irgendeine Chance, auch nur minimale pädagogische Inhalte zu transportieren – etwa, dass ich sicher nicht gestorben sei, sondern nur schlafe, um mich gleich darauf schlafend zu stellen

Sollte ich mich deswegen schuldig fühlen?

Ich finde: nein. Verstehen Sie mich nicht falsch. Natürlich verurteile ich niemanden, der das anders handhabt. Ich schaue immer wieder bewundernd auf Eltern, die stundenlang mit ihren Kindern spielen und dabei wirklich begeistert wirken. Und selbstverständlich plagt mich deswegen von Zeit zu Zeit ein Anflug schlechten Gewissens. Aber im Grunde denke ich – und das soll jetzt nicht nach Ausrede klingen – dass Eltern eben nicht die liebsten Spielgefährten sein müssen.

 

Den meisten Übereinkünften beim Spiel, etwa, wer jetzt gerade welche Burg erobert, gehen hochkomplexe soziale Prozesse voraus. Kinder sollen sie erlernen – darum geht es ja auch beim Spiel. Aber stören wir Eltern nicht dabei, die wir ja eine ganze eigene Rolle im Leben des Kindes einnehmen? Ich finde, ich greife schon genug in das Spiel meines Kindes ein: Ich moderiere geduldig, wenn er oder sein Spielpartner beleidigt ist, es Krach um ein Schwert, ein Auto, eine dieser Figuren oder ähnliches gibt – und häufig genug und trotz massiver elterlicher Ermahnungen: Ich räume hinterher gemeinsam mit Ihm sein Spielzeug auf.

 

Wie ist Ihre Meinung dazu? Finden Sie, dass Eltern auf jeden Fall mit ihren Kindern spielen sollten? Was sind Ihre Erfahrungen? Ich freue mich auf Ihre Kommentare!





Kommentare
  1. Ich spiele nicht gern mit meinem Sohn. Bin ich eine schlechte Mutter?
    Sacha | Mittwoch,März 25.2015

    Liebe Julia Beckwenn Du schon so direkt fragst, dann kriegst Du auch eine gute Antwort. Meiner Meinung nach geht es nicht darum Dein Verhalten als gut / schlecht einzustufen. Das muss jede(r) Vater / Mutter für sich selbst rausfinden. Und da sind Ratschläge von aussen für mein Verständnis selten angebracht. Ich kann Dir von meinen Erfahrungen berichten. Was ich als nützlich emfinde ist, die Perspektive des Kindes einzunehmen und zu verstehen weshalb ein Kind mit diesen ach-so-doofen Dingern spielen will. Da hat Remo Largo mit der Übernahme der Longitudinalstudien und den daraus resultierenden Büchern (z. Bsp. Babyjahre) gemacht und so manchen Eltern die „Augen geöffnet“. So auch mir. Und mittlerweile geniesse ich es mit meiner Tochter in ihre Welt abzutauchen statt „wichtige Präsentationen“ für das Geschäft zu Hause noch weiter zu verbessern. Auf englisch kann ich die Aufsätze, Bücher und Präsentationen von Sir Ken Robbinson nur empfehlen. Auch er nimmt die Perspektive des Kindes / Jugendlichen ein und legt dar, was eigentlich aus dieser Perspektive erfolgsversprechend wäre. Und da wäre noch der Beitrag von Gerold Hüther, der es meiner Meinung nach auf den Punkt bringt, indem er darlegt was Betreuungspersonen (auch Eltern) für Kinder sein sollten: Einladend, Iinpirierend und begeisternd. Wie gesagt, dass muss jeder für sich herausfinden. Viel Spass beim Entdecken. Sacha

  2. Ich spiele nicht gern mit meinem Sohn. Bin ich eine schlechte Mutter?
    Claire Fischer | Mittwoch,März 25.2015

    Liebe JuliaIch bin eine Mutter von 3 Kindern und einem Stiefsohn! Ich bin ganz und gar nicht Deiner Meinung! Das spielen, basteln, musizieren, spielerische kreative Föderung u.s.w, von den Eltern, lieben die Kinder! Ich persönlich hatte so viel Spass, mit meinen Kindern, dies erleben zu dürfen und meine heute erwachsenen Kinder erzählen heute noch sehr viel, was wir alles gemacht haben!!!Ich hoffe Du nimmst mein Feedback einwenig ernst, weil diese schöne Zeit, mit Deinem Kind zu spielen und es zu geniessen, kommt nicht mehr zurück!!!Mit lieben Grüssen Claire

  3. Ich spiele nicht gern mit meinem Sohn. Bin ich eine schlechte Mutter?
    lydia.zumstein | Donnerstag,März 26.2015

    Ein schlechtes Gewissen zu haben, das spürt das Kind im Herzen. Das tut dem Kind nicht gut.Wichtig ist, dass ein Kind merkt,“die Mutter und Vater kümmern sich um mich“. Denken sie doch mal an ihre Erinnerungen als Kind. Was war wichtig für sie?

  4. Ich spiele nicht gern mit meinem Sohn. Bin ich eine schlechte Mutter?
    Janine | Donnerstag,Februar 25.2016

    Also ich finde Sie müssen kein schlechtes Gewissen haben.Sie backen, basteln und machen andere schöne Dinge. Das ist das was zählt.Mit den komischen Figuren und Autos die sprechen kann ich persönlich nichts anfangen. Das ist meiner Meinung nach auch nicht schlimm. Ein Kind sollte auch lernen sich selbst zu beschäftigen. Das ist auch ganz wichtig fürs selbständig werden.Ich als Kind konntemich stundenlang alleine beschäftigen. Und das kommt davon, dasMan mir von Anfang an beigebracht hat mich alleine zu beschäftigen. Das heisst auch nicht das meine Mutter nicht zu Hause war. Sie arbeitete nicht. Backte, bastelte, strickte, knetete, malte und noch ganz viel andere sachen. Aber pro Tag hatte sie sich 2h pause gegönnt und uns motiviert entweder mit meinem Bruder zu spielen oder mich im Zimmer alleine zu beschäftigen.Mittlerweile bin ich selber erwachsen und es hat mir nicht geschadet. Definitiv nicht.Mama und Papa gehören zu den wichtigsten Personen in meinem Leben. Wir unternehmen auch jetzt noch sachen miteinander. Mein papa triff ich meistens in der Mittsgspause zum zusammen esse. Und mit meiner Mama gehe ich in die Ferien um die Seele baumelnzu lassen.Also Kopf hoch das ist überhaupt nicht schlimm.;)Janine

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