Jeder kann… mal Fehler machen

Der vierjährige Bennie hat mir vor kurzem erklärt, warum er so wenig auf seine Mama hört und warum es bei der Tagesmutter viel besser klappt: „Wenn die Mama was sagt, macht die das sowieso nicht. Aber die Kinderfrau, die meint das in echt.“ Eine Aussage, die ich so oder in ähnlicher Form im Laufe meines Arbeitslebens schon viele Male gehört habe. Nur – wie kommt das? Häufig liegt es schlicht an fehlerhafter Kommunikation. Aber auch Eltern dürfen schliesslich mal Fehler machen! Wichtig ist nur, dass sie lernen, daraus Schlüsse zu ziehen, die auch das Kind versteht. Wie das geht? Hier ein paar Anregungen….

Beim Reden können besonders leicht Fehler passieren.

Sehr oft reden wir mit unseren Kindern so, dass wir ihnen regelrecht beibringen, uns nicht zuzuhören und unsere Worte nicht ernst zu nehmen – gerade dann, wenn es eigentlich wichtig wäre. Unklar und unsicher zu reagieren, statt Klartext zu reden, gehört zu den beliebtesten Elternfehlern. In meiner Praxis beklagen sich Eltern sehr oft: „Mein Kind hört nicht richtig auf mich. Es respektiert mich nicht. Ich kann sagen, was ich will, es nimmt mich gar nicht richtig ernst.“

 

In den meisten Familien ist es sicherlich nicht so dramatisch, doch für Eltern ist es sehr frustrierend, wenn ihre Bemühungen keinen Erfolg haben und mal ehrlich: Wünschen Sie sich nicht auch manchmal, Ihr Kind würde sich kooperativer verhalten? Fragen Sie sich nicht ab und zu: „Wie kann ich es dazu bringen, dass es mir besser zuhört?“ Dann sollten Sie in Zukunft versuchen, die typischen Kommunikations-Fallen zu vermeiden.

Falle Nr. 1: Verbote und Vorwürfe

„Du sollst nicht mit Sand werfen!“ Diesen Satz kann man täglich auf jedem Spielplatz hören. Genauso oft kann man beobachten, dass er nicht wirkt. Das Kind hört, was es gerade NICHT tun soll. Im Gehirn wird dadurch das unerwünschte Verhalten aktiviert und noch wahrscheinlicher.

 

Ähnlich bei einer anderen Szene vom Spielplatz: „Jetzt hast du deiner kleinen Schwester schon wieder die Schaufel weggenommen! Das ist nicht nett von dir!“ Was passiert nach so einem Satz? Das Kind bekommt vorgehalten, was es falsch gemacht hat. Das ist ein Vorwurf, nichts anderes. Kein Kind ändert dadurch sein Verhalten. Es fühlt sich nur „angemeckert“ und nicht akzeptiert. Vorhaltungen und Vorwürfe können wir ersatzlos streichen.

Stattdessen:

Wenn es wichtig ist, reden Sie stattdessen Klartext. Und denken Sie daran, eine klare Anweisung sollte immer positiv formuliert sein: „Stopp! Der Sand ist zum Graben und Bauen da!“ „Gib deiner Schwester die Schaufel zurück!“

Falle Nr.2: Die Warum-Frage

Eine sehr beliebte Variante ist auch die Warum-Frage: „Warum hast du immer noch nicht aufgeräumt?“ „Warum hängst du schon wieder am Computer?“. Die Wirkung ist gleich. Für das Kind kommt auch die Frage als Vorwurf an. Das nützt gar nichts, macht nur schlechte Stimmung und kann ebenfalls ersatzlos gestrichen werden.

So könnte es besser klappen:

Stattdessen kann mit einer Anweisung direkt für Ordnung gesorgt werden: „Räum die Bauklötze hier in diese Kiste!“

Falle Nr.3: Ankündigungen ohne Folgen

Ein weiteres Beispiel für unklare und unsichere Elternreaktionen sind Ankündigungen ohne Folgen: „Wenn du nicht endlich den Schlafanzug anziehst, dann darfst du gleich nicht die Kindersendung gucken“ oder auch „Wenn du jetzt nicht aufräumst, schmeisse ich alles in den Müll.“ Am Ende der Diskussion bekommt das Kind meist den Schlafanzug angezogen und sitzt doch vor seiner Kindersendung und die Spielsachen landen (zum Glück) nicht auf dem Müll. Während die Eltern nachgegeben haben (sie sind ja keine Unmenschen) hat das Kind allerdings gelernt: „Was Mama und Papa so alles sagen, hat nicht viel zu bedeuten.“ Es geht zum einen Ohr hinein und zum anderen wieder heraus.

Aber was können Sie denn nun stattdessen tun?

Benutzen Sie in solch einem Fall die Methode der „kaputten Schallplatte“: Wiederholen Sie einfach Ihre Aufforderung, auch wenn Ihr Kind Sie in eine Diskussion verwickeln will. Aber nicht öfter als dreimal. Dabei reden Sie ruhig und schauen Sie Ihr Kind an. Das gibt Ihnen Sicherheit und Sie bleiben ruhig und besonnen. Die Wirkung ist verblüffend.

 

Wenn Ihr Kind immer noch nicht reagiert oder kooperiert, versuchen Sie, statt ungehalten oder ungeduldig zu werden, Ihren Worten Taten folgen zu lassen. Das sollten möglichst logische Folgen sein: Wenn das Sandwerfen nicht aufhört, wird der Spielplatzbesuch beendet. Die Kindersendung wird erst eingeschaltet, wenn das Kind sich bettfertig gemacht hat. Die nicht weggeräumten Spielsachen kommen zwar nicht in den Müll, werden aber für einige Zeit aus dem Verkehr gezogen. Was Sie ankündigen, sollten Sie auch tun. Es muss aber gut überlegt und fair sein.

Aus Fehlern lernen

Haben Sie sich in den genannten Beispielen an manchen Stellen selbst wieder erkannt? Die Gefahr, die Nerven zu verlieren und schwerwiegende Fehler zu machen, wächst, wenn das Kind einfach nicht reagiert – das ist menschlich.

 

Aber eine liebevolle Eltern-Kind Beziehung hält auch Fehler aus, besonders wenn die Eltern sich dazu bekennen und sich bei ihrem Kind entschuldigen. Nur sollten sie so selten wie möglich passieren. Dafür hilft Ihnen, wenn Sie bereits bei der ersten Aufforderung wissen, was Sie als nächstes tun werden:

  • Klartext reden
  • Die Technik der “kaputten Schallplatte anwenden“
  • Auf Worte Taten folgen lassen.

 

So fühlen Sie sich sicher. Ihr Kind kann von Ihnen wichtige Regeln des Zusammenlebens lernen. Es gibt zwei Gewinner: Sie und Ihr Kind.

Erzählen Sie uns von Ihren Erfahrungen. Kommen Ihnen das Beispiel irgendwie bekannt vor? Und wie stellen Sie es an, dass Ihre Kinder Ihnen besser zuhören? Ich freue mich auf Ihre Kommentare!

 

Über-Anette_1



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